Fehlerhafte Daten werden oft nicht erfasst. Das kostet Geld und macht zusätzliche Arbeit. Business Process Exception Management (BPEM) schafft schnelle Abhilfe.Das kostenlose Framework identifiziert Ausnahmen in datenverarbeitenden Systemen und führt gezielt zu einer Lösung.
In großen datenverarbeitenden Systemen ist eine schnelle und vollständige Identifizierung von Ausnahmen sehr wichtig, da diese ein Unternehmen Zeit und folglich auch Geld kosten. Ein Großteil der Prozesse läuft nachts im Hintergrund ab. Meist ohne Fehler. Aber eben nur fast. Eine geringe Anzahl an Prozessen, die in der Summe jedoch einem Unternehmen erheblichen finanziellen Schaden zufügen kann, wird nicht verarbeitet. Ausnahmen können unterschiedliche Gründe haben. Sei es aufgrund fehlerhafter Daten oder ungültiger Zustände.
SAP bietet mit Business Process Exception Management (BPEM) ein Frame work an, um diese Ausnahmen zu identifizieren und gezielt einer Lösung zuzuführen. BPEM ist lizenzfrei auf allen auf FI-CA (Vertragskontokorrent) basierenden SAP-Lösungen verfügbar. BPEM basiert auf dem früheren Produkt namens Emma. Dieses existiert schon seit über 15 Jahren. Es wurde von Grund auf neu objektorientiert entwickelt. Auf den ersten Blick sieht der Anwender davon allerdings wenig. Die meisten Arbeiten wurden „unter der Motorhaube“ durchgeführt. Neue Transaktionen weisen den Anwender auf die Änderung hin. Die Überarbeitung hat sich vor allem auf die Performance positiv ausgewirkt.
Warum Ausnahmemanagement?
Der SAP-Berater und ‑Trainer vermittelt die Notwendigkeit des Frameworks: „In SAP Industry Solution for Utilities (IS‑U) drehen sich die wichtigsten Prozesse um die Abrechnung und Faktura. Treten dabei Ausnahmen auf, so stoppt der Prozess und die Rechnung wird entweder verspätet oder gar nicht erstellt. Selbst wenn es sich hierbei nur um einen geringen Prozentsatz in Bezug zur Gesamtsumme handelt, so schlagen sich diese Ausnahmen direkt auf die Liquidität, Zinserträge bzw. ‑belastungen, damit indirekt auf die Gewinne nieder. Deshalb müssen die nicht verarbeiteten Rechnungen und die dahinterstehenden Datenfehler schnellstmöglich aufgefunden werden. Danach müssen Maßnahmen getroffen werden, um die Ausnahmesituation aufzulösen, die fehlerhaften Daten zu korrigieren und den Prozess fortzuführen, damit die Rechnung korrekt erstellt wird. Derzeit ist dies meist ein aufwändiger, manueller Prozess. Dieser Prozess besteht meist darin, die Fehler mittels vom System zur Verfügung gestellter Protokolle mühsam aufzufinden. Diese Protokolle enthalten alle Informationen zu den Prozessen, sowohl erfolgreiche als auch fehlerhafte Objekte. Die Protokolle sind sehr umfangreich, nur schwer leserlich und oft uneinheitlich. Letzteres verhindert eine automatische Auswertung. Ebenso wird ein schneller übergreifender Blick auf die Ausnahmen erschwert.
In der Regel werden die Protokolle meist per Excel-Listen heruntergeladen
und dann umständlich an die Bearbeiter zur Auflösung verteilt. Die Datensätze in der Excel-Liste enthalten sehr technische Informationen, die auf den Fehlermeldungen aus den Protokollen basieren. Die Verteilung der Arbeiten in Form von Excel-Listen benötigt meist noch zusätzlichen Koordinations- und Kontrollaufwand, der umso höher ausfällt, je mehr Bearbeiter beteiligt sind. Die Rückmeldungen müssen ebenso verarbeitet werden, da die Daten in der Excel-Liste keinen Bezug mehr zu dem System besitzen. Einen aktuellen Bearbeitungsfortschritt zu erhalten ist unmöglich. Das ist zeitraubend, ineffizient, IT aus den 80er-Jahren und nicht mehr zeitgemäß.
Abhilfe kann BPEM schaffen. Es ermöglicht eine automatische und strukturierte Analyse der Anwendungsprotokolle. Die Ausnahmen werden identifiziert, um hilfreiche Informationen angereichert und automatisch an Bearbeiter verteilt. Ebenso können Prozesse ohne Protokolle an BPEM angebunden werden.
Der Klärungsfall
Der sogenannte Klärungsfall ist dabei das zentrale Element in BPEM. Er kapselt eine Ausnahme eines Prozesses und unterstützt durch das genau auf die aufgetretene Ausnahme zielgerichtete Bereitstellen von hilfreichen Informationen, Datenobjekten und Funktionen bei ihrer Lösung. Der Sachbearbeiter soll somit alle Hilfsmittel zur Hand haben, um im Klärungsfall selbst das Problem direkt bearbeiten zu können. Er soll nicht erst in Dritte Datenobjekte oder Funktionen verzweigen müssen.
Es können beliebige sinnvolle Daten und Datenobjekte in dem Klärungsfall anzeigt werden. Für komplexere Konstrukte steht eine Bildschirmerweiterung zur Verfügung. Die Lösung des Klärungsfalles geschieht durch die sogenannten Lösungsprozesse. Ein Klärungsfall besitzt meist mehrere davon. Die Lösungsprozesse sind in der Regel Transaktionen oder Funktionen, die den Bearbeiter dabei unterstützen, auf eine konkrete Fehlersituation einzugehen und diese zu beheben. Es wird zwischen manuellen und automatischen Lösungsprozessen unterschieden. Die automatischen Lösungsprozesse können vom System im Hintergrund verarbeitet werden.
Der eigentliche BPEM-Prozess besteht aus zwei Schritten. Im ersten Schritt werden die Anwendungsprotokolle, in die jeder Standard-Prozess seine Statusinformationen und Ausnahmen speichert, ausgewertet und aufbereitet. Im zweiten Schritt werden die ermittelten Ausnahmen mit dem BPEM-Customizing der sogenannten Klärungsfallkategorien verglichen und entsprechend ein Klärungsfall erzeugt. Die Fallkategorie stellt dabei
mehr als nur eine Vorlage zur Erzeugung der Klärungsfälle dar, sie kapselt alle Objekte, Eigenschaften, das Datenumfeld, die Lösungsprozesse, die Erzeugungsbedingungen und die Bearbeiterfindung. Wie bereits erwähnt, stellt der Klärungsfall das zentrale Objekt mit allen Informationen zur Ausnahmesituation und dem Datenumfeld dar. Weiterhin
besitzt er alle notwendigen Funktionen und Transaktionen zur Auflösung des grundsätzlichen Problems.
BPEM korrekt einführen
Die zentrale Integration von BPEM im Jahre 2012 in den SAP IDEX Common Layer hat viele Energieversorger veranlasst, sich verstärkt mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die Einführungsprojekte haben jedoch meist den Fokus auf die Common-Layer-Prozesse und nicht auf BPEM gesetzt. Dies kann zu großen Backlogs, mangelnder Anwenderakzeptanz und erhöhten Arbeitsbelastungen führen. Um BPEM korrekt einzusetzen, ist es wichtig, die dahinterstehende Philosophie zu verstehen. Ebenso müssen die technischen und funktionellen Möglichkeiten verstanden werden und sollten nachvollziehbar sein. BPEM bietet verschiedene Ansätze zur Erweiterung an, man muss selbst abwägen, welcher Weg der richtige ist.
Man sollte stets berücksichtigen, dass BPEM keine fertige Out-of-the-box-Lösung ist und dies auch nie die Intention war. Es stellt vielmehr ein Framework dar, welches durch Projektarbeit oder eine Lösung eines Drittanbieters erweitert und angepasst werden muss. Wartung und Weiterentwicklung müssen dabei ebenfalls eingeplant werden. Es ergeben sich oftmals gleiche Anforderungen bei den Kunden, da der Standard manche Funktionsbereiche nicht abdeckt oder die Funktion nicht für den vorgesehenen Einsatz passend ist.
Beispielsweise können Klärungsfälle nur an einzelne Benutzer weitergeleitet werden. In der Praxis arbeitet man jedoch in der Aufbauorganisation meist mit Gruppen von Benutzern. Im System werden diese oftmals als Planstelle abgebildet. Es wird entsprechend die Möglichkeit einer Zuweisung an selbige benötigt. Ebenso fehlt ein umfassender Überblick über die Situation des einzelnen Kunden bzw. Zählpunktes, da der Standard den Fokus auf das Objekt der Ausnahme setzt. Dies sind nur zwei der Beispiele, die bei einer BPEM-Einführung berücksichtigt werden müssen.
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