Allgemein

Gesetzgeber übt Druck auf die Lieferanten aus

von
X-Impuls

Reaktion auf die EnWG-Novelle

Der Ent­wurf zum Ener­gie­wirt­schafts­rechts­än­de­rungs­ge­setz (EnWG-Novel­le) schlägt wei­te Wel­len. Eine davon betrifft die Strom­lie­fe­ran­ten. Wel­che Aspek­te dies im Ein­zel­nen sind, weiß der Exper­te der X‑impuls AG, Ralf Gerth. Auf­grund des enor­men Zeit­drucks rät er den Lie­fe­ran­ten zu einer genau­en Ana­ly­se und raschen Risi­ko­ab­wä­gung. Das Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Wirt­schaft und Ener­gie hat Anfang Febru­ar sei­nen Ent­wurf zum Gesetz zur Umset­zung uni­ons­recht­li­cher Vor­ga­ben und zur Rege­lung rei­ner Was­ser­stoff­net­ze im Ener­gie­wirt­schafts­recht (Ener­gie­wirt­schafts­rechts­än­de­rungs­ge­setz) vor­ge­legt. Aus die­ser soge­nann­ten EnWG-Novel­le erge­ben sich zum Teil pro­zes­sua­le, ver­trags­recht­lich rele­van­te Ände­run­gen. Die­se sind nach aktu­el­ler Ent­wurfs­vor­la­ge ohne Über­gangs­frist umzu­set­zen. Davon betrof­fen sind auf dem deut­schen Markt neben den Netz­be­trei­bern rund 1.000 Stromlieferanten.

EnWG-Novelle wirft zahlreiche Fragen auf

Ralf Gerth, Seni­or Manage­ment Con­sul­tant der X‑impuls AG, sieht eini­ge Unklar­hei­ten in den for­mu­lier­ten Anpas­sun­gen. Er setzt dabei den Schwer­punkt auf die Sicht der Lie­fe­ran­ten. Selbst wenn dies nur eine der vie­len betrof­fe­nen Mark­trol­len der EnWG-Novel­le ist, so haben es die­se Ände­run­gen den­noch in sich.

„Wenn man es ganz hart betrach­tet, müss­ten die Ener­gie­ver­sor­ger bis zur voll­stän­di­gen Umset­zung jeg­li­chen neu­en Ver­trags­ab­schluss und die Rech­nungs­le­gung für ihre End­kun­den aus­set­zen. Dadurch wür­den sie jedoch gegen die bestehen­den Fris­ten zur Ener­gie­ab­rech­nung ver­sto­ßen. Auch bei abge­schlos­se­nen Ver­trä­gen in die Zukunft ist das Kind schon in den Brun­nen gefal­len.“, bringt der lang­jäh­ri­ge Pro­jekt­ma­na­ger die Not der Lage auf den Punkt.

Die Bot­schaft muss daher sein:

„Jeder Lie­fe­rant muss sich umge­hend damit beschäf­ti­gen. Es ist viel zu tun und zu klä­ren. Lie­fe­ran­ten müs­sen zudem auch die Wech­sel­wir­kun­gen mit der anste­hen­den Gesetz­ge­bung zu ‚fai­ren Ver­brau­cher­ver­trä­gen‘ beach­ten, wel­che eben­falls noch im ers­ten Halb­jahr erwar­tet wird. Wider­sprü­che erge­ben sich nun mit der Strom­grund­ver­sor­gungs­ver­ord­nung (StromGVV), so dass auch hier Ände­run­gen zu erwar­ten sind.“

Sicher­lich gibt es bei jedem Lie­fe­ran­ten unter­schied­li­che Aspek­te. Es gilt abzu­glei­chen, wel­che Anpas­sun­gen indi­vi­du­ell not­wen­dig sind. Man­che Anfor­de­run­gen mögen bereits erfüllt sein oder sich schnell durch Anpas­sun­gen im Cus­to­mi­zing erfül­len las­sen. Für ande­re müs­sen jedoch kom­plet­te Pro­zess­ab­läu­fe neu kon­zi­piert wer­den. Die Mit­ar­bei­ter der X‑impuls AG ste­hen dabei bera­tend an der Sei­te Ihrer Kun­den und haben die pas­sen­den Ent­wick­ler und Part­ner­netz­wer­ke mit an Bord, um Lösun­gen zu kon­zi­pie­ren und umzusetzen.

Umfangreiche Anpassungen in vielen Bereichen

Die Anpas­sun­gen sind sehr umfang­reich und betref­fen vie­le Funk­ti­ons­be­rei­che und Pro­zes­se. Neben Anfor­de­run­gen an Rech­nungs­for­mu­la­ren u.a. Ver­gleichs­gra­fi­ken auch für Gewer­be­kun­den, Hin­wei­se auf zer­ti­fi­zier­te Preis­ver­gleichs­sei­ten, Anpas­sung der Ener­gie­mix-Dar­stel­lung, sind auch Stan­dard­pro­zes­se wie Zäh­ler­stand­be­schaf­fung, Abrech­nungs­zeit­punk­te /​ ‑zeit­räu­me anzu­pas­sen. Auch gibt es neue Vor­ga­ben hin­sicht­lich Kün­di­gungs­fris­ten, Infor­ma­ti­ons­pflich­ten bei Preis­än­de­run­gen, der Pflicht zum Ange­bot von dyna­mi­schen Tari­fen bei intel­li­gen­ten Mess­sys­te­men und vie­les mehr. Es emp­fiehlt sich also, sich drin­gend mit der Mate­rie zu befas­sen. Es gilt zu prü­fen, ob alle Anfor­de­run­gen an Ver­trä­gen aus §41 auch bei Gewer­be­kun­den umzu­set­zen sind.

„Der Punkt last­va­ria­ble, tages­zeit­ab­hän­gi­ge und dyna­mi­sche Strom­ta­ri­fe impli­ziert die akti­ve Pflicht, den Kun­den mit einem intel­li­gen­ten Mess­sys­tem einen dyna­mi­schen Tarif anzu­bie­ten“, erläu­tert der Seni­or Manage­ment Consultant.

Preis-Vergleichs-Portal fehlt

Bei genaue­rer Ana­ly­se zeigt sich, dass es für die Lie­fe­ran­ten schier unmög­lich wird, alle Anfor­de­run­gen umzu­set­zen. So heißt es unter § 41c Ver­gleichs­in­stru­men­te bei Ener­gie­lie­fe­run­gen in dem Entwurf:

(1) Die Bun­des­netz­agen­tur stellt sicher, dass Haus­halts­kun­den und Kleinst­un­ter­neh­men, die einen vor­aus­sicht­li­chen Jah­res­ver­brauch von weni­ger als 100.000 Kilo­watt­stun­den haben, unent­gelt­lich Zugang zu min­des­tens einem unab­hän­gi­gen Ver­gleichs­in­stru­ment haben, mit dem sie ver­schie­de­ne Strom­lie­fe­ran­ten und deren Ange­bo­te, ein­schließ­lich der Ange­bo­te für Ver­trä­ge mit dyna­mi­schen Strom­ta­ri­fen, in Bezug auf die Prei­se und die Ver­trags­be­din­gun­gen ver­glei­chen und beur­tei­len können.

„Die Bun­des­netz­agen­tur (BNetzA) wird auf­ge­for­dert, ein neu­tra­les Preis-Ver­gleichs-Por­tal auf­zu­bau­en. Ein sol­ches Por­tal exis­tiert bei der BNetzA heu­te nicht und es ist auch noch kei­ne Aus­schrei­bung zur Umset­zung gestar­tet. Den­noch soll der Lie­fe­rant ab in Kraft tre­ten, in sei­ner Rech­nung auf eine noch nicht exis­tie­ren­de Preis-Ver­gleichs-Sei­te ver­wei­sen“, erklärt Ralf Gerth das Dilem­ma. „Die­ses The­ma hät­te also eher Prio­ri­tät C, da nicht zu erwar­ten ist, dass die BNetzA ihre Vor­ar­beit zeit­nah umge­setzt bekommt.“

Änderungen bei Wohnsitzwechsel

Im § 41b Ener­gie­lie­fer­ver­trä­ge mit Haus­halts­kun­den außer­halb der Grund­ver­sor­gung, Ver­ord­nungs­er­mäch­ti­gung heißt es im Absatz (4) Haus­halts­kun­den sind im Fal­le eines Wohn­sitz­wech­sels zu einer außer­or­dent­li­chen Kün­di­gung ihres bis­he­ri­gen Lie­fer­ver­tra­ges unter Ein­hal­tung einer Kün­di­gungs­frist von sechs Wochen zum Zeit­punkt des Aus­zugs berech­tigt. „Die Neu­re­ge­lun­gen stel­len eigent­lich eine Ver­schlech­te­rung für die End­kun­den dar,“ wer­tet Ralf Gerth die Pas­sa­ge. „Auch die Pro­zes­se zur Ver­trags­mit­nah­me müs­sen auf­grund der Fris­ten und den gleich­zei­ti­gen Text­form­erfor­der­nis­sen des Ver­trags­ab­schlus­ses neu auf­ge­setzt wer­den. Neben dem gerad­li­ni­gen Ablauf müs­sen hier ins­be­son­de­re auch Pro­zes­se /​ Lösun­gen für alle denk­ba­ren Stör­pro­zes­se geschaf­fen wer­den. End­kun­den im Umzugs­stress haben bekannt­lich ande­re Prio­ri­tä­ten als ihre Stromlieferverträge.“

Nicht marktrollenkonforme Anforderungen

Zum Teil sind Anfor­de­run­gen an die Lie­fe­ran­ten for­mu­liert, wel­che eigent­lich in den Auf­ga­ben­be­reich der Netz­be­trei­ber bezie­hungs­wei­se der Messtel­len­be­trei­ber gehören.„Demnach muss der Lie­fe­rant den End­kun­den über die Kos­ten sowie Vor- und Nach­tei­le von intel­li­gen­ten Mess­sys­te­men infor­mie­ren, obwohl er nicht den Roll­out der Gerä­te initi­iert oder steu­ert und die Anschluss­nut­zer auch kei­ne Wahl­frei­heit haben“, erör­tert der Seni­or Manage­ment Consultant.

Zeitlich keine Übergangsfrist

Die Exper­ten der X‑impuls AG haben die Novel­le bereits durch­leuch­tet, auch wenn sie sich noch im Ent­wurfs­sta­di­um befin­det. Auf­grund der bereits ver­stri­che­nen Umset­zungs­frist der EU und der nahen­den Bun­des­tags­wahl ist es sehr wahr­schein­lich, dass sich an den Inhal­ten und Anfor­de­run­gen nicht mehr viel ändern wird und die Novel­le im Lau­fe des zwei­ten Quar­tals 2021 in Kraft tritt. „Somit ver­bleibt nicht viel Zeit, die Aus­wir­kun­gen zu ana­ly­sie­ren und mit den Umset­zun­gen zu star­ten. Ob und wie man die alten, nicht-kon­for­men Pro­zes­se dann den­noch wei­ter nutzt, ist eine Fra­ge der Risi­ko­ab­wä­gung“, unter­streicht der Bera­ter die Dringlichkeit.

Hintergrund

Zur Umset­zung der Richt­li­ni­en­vor­ga­ben wer­den die Vor­schrif­ten des EnWG ange­passt und ergänzt. Der Ent­wurf zum Ener­gie­wirt­schafts­rechts­än­de­rungs­ge­setz fasst die bis­her gel­ten­de Strom­bin­nen­markt­richt­li­nie neu. Ins­be­son­de­re sol­len die Rech­te der Ver­brau­che­rin­nen und Ver­brau­cher und deren Teil­nah­me am Strom­markt geför­dert wer­den. Strom­kun­den sol­len im zuneh­men­den Maß nicht mehr allein als Käu­fer und Strom­ver­brau­cher agie­ren, son­dern auch aktiv am Gesche­hen auf den Strom­märk­ten teil­ha­ben kön­nen, indem sie ihrer­seits Pro­duk­te oder Dienst­leis­tun­gen anbie­ten oder zum Bei­spiel auf ver­trag­li­cher Basis Aggre­ga­ten zur Ver­fü­gung stel­len. Dane­ben ent­hält die Richt­li­nie eine grö­ße­re Zahl wei­te­rer neu­er oder geän­der­ter Vor­ga­ben, zum Bei­spiel auch in Bezug auf die Beschaf­fung von für den Netz­be­trieb not­wen­di­gen Fle­xi­bi­li­täts­pro­duk­ten durch die Netz­be­trei­ber. Die­se betref­fen sowohl Vor­schrif­ten des Ener­gie­wirt­schafts­ge­set­zes (EnWG) als auch die auf des­sen Grund­la­ge erlas­se­nen Rechts­ver­ord­nun­gen. Mit der Novel­lie­rung will sie künf­tig ver­hin­dern, dass sowohl auf den ein­ge­spei­cher­ten Strom als auch auf den Letzt­ver­brauch des gespei­cher­ten Stroms Netz­ent­gel­te, Abga­ben und Umla­gen erho­ben wer­den. Der EU-Bin­nen­markt-Richt­li­nie zufol­ge ist eine sol­che Dop­pel­be­las­tung nicht zuläs­sig. Die Trans­pa­renz des Netz­be­triebs und auch wesent­li­cher Kenn­da­ten der Regu­lie­rungs­er­geb­nis­se ist

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Ralf Gerth

Seni­or Con­sul­tant /​ Ver­trieb

Ralf Gerth ist Seni­or Manage­ment Con­sul­tant und Mit­glied im Auf­sichts­rat der X‑impuls AG. Schwer­punkt­mä­ßig ist er in den Berei­chen Pro­jekt- und Pro­gramm­ma­nage­ment, Stra­te­gie- und Manage­ment­be­ra­tung sowie Inte­rims­ma­nage­ment in der Ver­sor­gungs­wirt­schaft tätig. Neben einem Abschluss als Diplom Betriebs­wirt ver­fügt er auch über einen Exe­cu­ti­ve Mas­ter in Ener­gy Manage­ment an der ESCP Europe.

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