Der digitale Kundenservice ist für kundenorientierte Unternehmen ein entscheidender Schritt, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Sei es als Versicherungsunternehmen, als Mobilfunkanbieter, als Stadtwerk oder als Versandhändler – schnelle Antworten, größtmögliche Transparenz und eine auf seinen persönlichen Bedarf ausgerichtete Kommunikation gehören zu den Entscheidungskriterien der Kunden.
Digitaler Kundenservice ist auf dem Weg zur Selbstverständlichkeit und wird uns bereits in anderen Ländern wie z.B. Estland, Österreich und in Staaten wie den USA und China vorgelebt. Unternehmen in Deutschland stellen sich deshalb zu Recht die Frage, wie die geeignete Roadmap für die Digitalisierung für sie aussehen muss und welcher Aufwand auf sie zukommt. Ein Gespräch mit Beatrix Moritz, Managing Consultant bei X-impuls, liefert interessante Antworten zum Thema.
Frau Moritz, was sind im analogen Kundenservice die größten Kostenverursacher? Wo können wir mit Digitalisierung Einsparungen erzielen?
Zunächst muss man ganz deutlich sagen, dass Digitaler Kundenservice nicht allein unter dem Blickwinkel der Kosteneinsparung zu sehen ist. Digitalisierung ist ganz klar der einzige, konsequente Weg zum modernen kundenorientierten Service.
Der Kunde steht mehr denn je im Mittelpunkt. Die Kommunikation zwischen Kunde und Unternehmen ist 24 Stunden möglich. Zudem reagiert das Unternehmen gemäß den in der Interaktion gewonnenen Informationen über den Kunden in kürzester Zeit mit entsprechend zugeschnittenen Angeboten.
Die Transparenz und die Vielzahl der Informationen, die Unternehmen mithilfe des digitalen Kundenservices über ihre Kunden und das Kundenverhalten gewinnen, sind mit den Informationen einer analogen Kommunikation in keiner Weise zu vergleichen.
Eindeutig ist die digitale Kundenbetreuung am Ende wesentlich effizienter und günstiger als die analoge.
Haben Sie ein Beispiel?
Nehmen wir das regelmäßige Ablesen des Zählerstandes für den Stromverbrauch. Bisher erfolgte das Erfassen des Verbrauchs über eine postalische Ablesekarte – der Zählerstand wurde manuell durch den Kunden eingetragen. Es entstanden Portokosten und bei falschen Eintragungen weitere Korrekturschleifen.
Mit dem heutigen Onlineportal verlagert der Anbieter einen Teil der Qualitätssicherung auf den Kunden. Der Kunde prüft seinen Stromverbrauch selbst und gibt das Ergebnis direkt online ein. Gleichzeitig erhält er direktes Feedback zu seinen Eingaben. Kein Einscannen mehr von Formularen, keine Unleserlichkeit, keine nachträglichen Rücksprachen.
Ein weiteres Beispiel ist eine bereits im Kundenportal erklärte Jahresverbrauchsabrechnung. Hier werden schon viele Fragen beantwortet, die beim Kunden im Zusammenhang mit der Abrechnung auftreten.
Verliert ein Unternehmen seine Werte oder leidet die persönliche Kundenbindung mit der Einrichtung eines digitalen Kundenservices?
Der Wunsch nach Digitalisierung bzw. nach der Optimierung der Kommunikations- und Verkaufskanäle kommt eindeutig von Seiten der Kunden. Digitalisierung ersetzt somit nicht den anlogen Kundenservice, sondern ergänzt ihn im Sinne einer engeren Kundenbindung. Die Zielgruppe im Alter bis 50 erwartet einen 24-Stunden Onlineservice, der die gesamte Kommunikation erheblich erleichtert und zeitlich unabhängig macht.
Der Großteil dieser Kundengruppe erledigt möglichst alles online über das Internet bzw. über Apps. Indem Unternehmen wie die Stadtwerke hier entsprechend schnell mit Online- Lösungen reagieren, intensivieren sie die Kundenbindung.
Chat-Funktionen oder Chatbots wie z.B. „Frag Anna“ bei Ikea oder eine automatische Rückruf-Funktion wie bei Apple tragen dazu bei, die Interaktion zwischen Kunde und Unternehmen weiter zu optimieren und zu fördern.
„Digitalisierung ersetzt nicht den analogen Kundenservice, sondern ergänzt ihn im Sinne einer engeren Kundenbindung.“
Auf welche Bereiche und welche Servicethemen im Unternehmen bezieht sich der digitale Kundenservice und wo liegen die Vorteile?
Der Schwerpunkt liegt ganz klar auf den Bereichen Marketing und Vertrieb. Es geht um die Intensivierung der Kundenbindung. So zum Beispiel durch schnelle Reaktionen auf erste Kundenanfragen und einen optimalen Start schon zu Beginn der “Customer Journey”.
Mit einem optimalen Start gewinne ich Anerkennung beim Kunden und die Bereitschaft, weitere Informationen zu liefern. Je mehr Informationen mir der Kunde liefert, umso serviceorientierter kann ich mein Angebot als Anbieter auf ihn ausrichten. Auch die Preise kann ich je nach Kundenverhalten im Web steuern, z.B. durch spezielle Online-Angebote.
Ist der Kunde gewonnen, werden die einzelnen Prozesse auf das Online-Verhalten des Kunden abgestimmt. Seine Post erhält er auf Wunsch vollständig online und kann alle Fragen per Online-Chat oder über einen Rückrufservice mit dem Anbieter kommunizieren.
Mit der Digitalisierung im Kundenservice ist der Anbieter somit viel näher an der “Customer Experience” und kann sich wesentlich schneller und besser auf den konkreten Bedarf einstellen.
Je besser ich den Kunden kenne, umso besser kann ich ihn bedienen und ihm gleichzeitig Möglichkeiten bieten, selbst Kosten zu sparen. So z.B. als Bank mit einem Online-Service und dem entsprechenden Verzicht auf eine Kontoführungsgebühr.
Digitaler Kundenservice beinhaltet idealerweise einen hervorragenden Online-Service in Kombination mit einem Social Media Management Workflow, der alle Online-Kanäle wie Live-Chats, Messaging Apps und Chatbots von einer einzigen Plattform aus verwaltet und verteilt.
Intern hilft mir die Digitalisierung im Kundenservice dabei, meine eigenen Prozesse zu optimieren und effizienter zu gestalten. Wenn ich als Anbieter die Möglichkeit habe, das Verhalten des Kunden genau analysieren zu können, will ich meine Produkt- oder Servicewelt entsprechend optimal darauf ausrichten. Ineffiziente Prozesse bremsen mich hier vehement und mit Insellösungen kann ich mein Potential langfristig nicht wirklich ausschöpfen.
„Stellen wir die relevanten Fragen, die uns dazu befähigen, nachhaltige Lösungen zu erarbeiten, die Branchen prägen!“
Womit wir zum strategischen und technischen Aspekt der Digitalisierung im Kundenservice kommen. Wo enden bei der Implementierung die Möglichkeiten von Standardtools und wo beginnen die individuellen Anpassungen an die Gegebenheiten im Unternehmen?
Jede digitale Lösung, die heute am Markt ist, setzt auf API-Technologien (application programming interface bzw. Schnittstelle zur Programmierung von Anwendungen), siehe unser Beispiel für das Ablesen von Zählerständen: Ich biete dem Kunden einen Onlinezugang, in dem er sich authentifizieren kann. Seine Daten werden entgegengenommen und über eine API an die Datenbank und das entsprechende Billingsystem übermittelt.
Inwieweit Standardtools den Anforderungen entsprechen ist prozessabhängig. Individuelle Anpassungen sind vorwiegend dann nötig, wenn die spezifischen Produkte des Unternehmens integriert werden.
Warum ist Digitalisierung ohne Road Map nicht empfehlenswert?
Schnelle Insellösungen führen langfristig nicht wirklich zum Ziel. Digitalisierung im Kundenservice ist als Produkt zu sehen, das unter der Berücksichtigung aller daran beteiligten Servicewelten und Prozesse gestaltet werden muss. In unserer Rolle als Produktowner im Auftrag des Kunden arbeiten wir auf der Basis der besten Analyse und Entwicklungsmethoden eng mit dem Auftraggeber und den am Projekt beteiligten Mitarbeitern zusammen. Wir begleiten das Unternehmen somit als Impulsgeber und systemunabhängiger Beratungspartner von der Zielsetzung, über die Konzeption bis zur Einführung.
Die wegweisenden Fragen sind gleich zu Beginn des Projektes zu stellen, z.B.: Wie ist der Ist-Stand der Digitalisierung im Unternehmen? Welche Anforderungen muss das Digitalisierungsportal erfüllen? Wie integriere ich die Produkte und Daten des Unternehmens optimal in die relevanten Portale? Wie kombiniere ich sie mit den geeigneten digitalen Lösungen?
Wir arbeiten systemunabhängig und mit zukunftsorientierten Technologien. Teilbereiche bzw. bereits bestehende Portale wie die Website oder der Onlineshop im Unternehmen werden in unsere Gesamtkonzeption mit eingebunden. Die technische Implementierung setzen wir mit Partnern um.
Parallel beraten wir auf der Basis einer Kosten-Nutzen-Analyse bei der Optimierung der Strategie und der Prozesse. Gerade hier liegen die Grundsteine, um Kosten extrem einzusparen und die Kundenorientierung wesentlich zu verbessern.
Die so für den Auftraggeber erarbeitete Roadmap beinhaltet zum einen die individuellen Gegebenheiten im Unternehmen in den Bereichen Kunden, Vertrieb, Prozesse und IT und zum anderen die notwendigen Schritte und geeigneten Tools, um diese Bereiche entsprechend wirtschaftlich und nachhaltig zu optimieren.
Mit dieser „Road Map“ lassen sich Lösungen realisieren, die Branchen prägen.
Beatrix Moritz
Managing Consultant
Die Dipl.-Wirtschaftsingenieurin Beatrix Moritz lebt in Potsdam.
Als Managing Consultant bei X-Impuls beschäftigt sie sich schwerpunktmäßig mit Prozessanalyse, -design und -optimierung, mit der Fach- und IT Konzeption sowie mit den Themen Testmanagement und Prozessimplementierung . Ihre SAP-Expertise bezieht sich u.a. auf SAP IS-U, SAP CRM, SAP MCF und SAP C4C.